BG BAU aktuell 3 2017 Im Fokus 29 Oberste Priorität hat die gesunde Rückkehr Gerlinde Kaltenbrunner ist Extrembergsteigerin und hat die höchsten Berge der Welt erklommen Über ihr Berufsrisiko Gipfelstürme und Tragödien sprach sie mit BG BAU aktuell FOTOS Christian Streili Frau Kaltenbrunner was bringt Sie dazu auf Berge zu steigen die eigentlich Wind Eis und Schnee vorbehalten sind Das hört sich vielleicht etwas seltsam an aber es ist zum einen die Kälte Ich füh le mich in der Kälte mit Eis und Schnee wohler als in der Wärme Und die Berge natürlich die haben mich von klein auf fasziniert Mit der Zeit hat es mich dann immer höher hinauf gezogen Schnee Eis Wind diesen Naturelementen ausgesetzt zu sein und da zu bestehen und mit denen auch gleichzeitig im Einklang zu sein das übt einen großen Reiz auf mich aus Bei diesen Expeditionen ist alles auf die exis tenziellen Dinge reduziert Es gibt keine Ablenkung keinen Schnickschnack Das fängt schon im Basislager an Das hat et was sehr Befreiendes und Kraftvolles Über einer Höhe von 7 000 Metern baut der menschliche Körper kontinuierlich ab Wie fühlt sich die sogenannte To deszone an Die Höhe sorgt dafür dass man nur we nig Sauerstoffpartialdruck im Blut hat Auf 8 000 Metern beträgt er nur noch ein Drittel des Normalen Das bedeutet für den Körper allerhöchste Anstrengung Man muss sich im Vorfeld gut akklimati sieren sehr viel trinken Ganz wichtig ist die eigene mentale Wahrnehmung Man muss richtig in sich hineinhören und er spüren Hab ich noch einen klaren Kopf kann ich noch weitergehen wie schaut s mit meinem Kälteempfinden aus Grund sätzlich sollte man sich nur möglichst kurze Zeit über 7 000 Metern aufhalten Für mich war aber immer wichtig ohne zusätzlichen Sauerstoff und ohne Hilfe von Hochträgern aufzusteigen Ich hab mich erst so nach und nach rangetraut und meine Ziele schrittweise höherge schraubt So habe ich gelernt worauf es ankommt Nämlich mich vollkommen auf das Geschehen am Berg beim Klettern auf jeden Schritt zu konzentrieren Das Risiko da oben ist ziemlich hoch und die Wahr nehmung verschwimmt wenn man zu we nig Flüssigkeit zu sich nimmt Wie bereiten Sie sich geistig und kör perlich auf solche Strapazen vor Körperlich topfit zu sein ist eine Grund voraussetzung Das bedeutet in der Vorbe reitung intensives Kraft Ausdauer Training Ich schaue darauf nicht zu viel Muskelmas se aufzubauen weil mehr Muskeln in gro ßer Höhe mehr Sauerstoff verbrauchen Ge nauso wichtig wie das Training selbst ist die Regeneration Wenn das Verhältnis stimmt und ich mich fit fühle gibt mir das mental eine enorme Sicherheit Um meine Konzen tration zu stärken meditiere ich in der Früh 20 Minuten Das hilft um schwierige Situa tionen am Berg zu überstehen Zum Beispiel wenn ich im Biwakzelt bei 40 Grad Celsius auf einem Felsvorsprung hockend übernach ten muss Das wiederhole ich wenn ich mich im Basislager auf den Gipfelgang vorbereite Da gehe ich den Aufstieg durch mit allem was auf mich zukommen könnte Sturm böen eisige Kälte bauchhoher Schnee durch den ich spuren muss Wenn ich die Konzentration nicht hochhalten kann weiß ich genau ich bin noch nicht bereit für den Gipfel Aber es gibt natürlich auch Momen te am Berg aus denen ich Kraft schöpfe Die Rituale zu Beginn des Aufstiegs Gerlinde Kaltenbrunner im Gespräch mit Stephan Imhof von BG BAU aktuell

Vorschau BG BAU aktuell 03/2017 Seite 29
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